Allmächtiges Ich

„Ich erschaffe meine Realität“, „Wenn sich mein Innen verändert, verändert sich auch mein Außen“, “Wie oben so unten“ – diese Grundsätze werden mittlerweile nicht nur von Hexen gepredigt, sondern auch von spirituellen Life Coaches aller Art. Deine Lebensumstände, deine finanzielle Situation, die Qualität deiner Beziehungen stellen einen Spiegel dar, der dein Inneres reflektiert. Durch ihn kannst du erkennen, wo etwas in deinem Verhältnis zu dir selbst schiefläuft. Dieses uralte magische Prinzip ist heutzutage auch psychologisch fundiert und doch führt es zu allerlei Problemen, gerade für Hexen. Denn wir benutzen dieses Spiegelprinzip einerseits für die Schattenarbeit und andererseits für unsere Zauber und Rituale. In ihnen ahmen wir ein gewünschtes Ergebnis mit Materie nach, um unsere Intention in den Geist zu „programmieren“. Und wie wir wissen, spiegelt sich der Geist wieder in die Materie. Das Ergebnis wird manifestiert. Wenn dieses Prinzip funktioniert, dann müsste es einer Hexe Allmacht verleihen, oder? Nicht umsonst wird in der Magie der Praktizierende als Gott seiner Realität verstanden. Und Gott ist allmächtig. Wer jedoch einige Zauber ausprobiert hat, weiß, dass sie nicht immer erfolgreich sind. Frustriert mögen viele dann an der Wirkung von Hexerei zweifeln. Vielleicht ist doch alles nur Wunschdenken und nicht real.

Es gibt jedoch zwei wichtige Gründe dafür, dass du als Hexe sowohl ohnmächtig als auch allmächtig bist.

  1. Du bist ein Teil des großen Ganzen

Als Mensch bist du eins von geradezu unendlich vielen Teilen des Einen Göttlichen, der Gesamtheit des Kosmos. Als eins dieser Teile trägst du zur Erschaffung der Realität durch deinen Geist bei. Alle anderen Teile tun dies jedoch auch, sodass die Allmacht nur in dem Zusammenwirken der Teile besteht. Das ist auch der Grund dafür, dass die großen Menschheitsfragen – Kriege, Klimawandel, Hungersnöte etc. – nicht durch das magische Wirken nur einer Person gelöst werden können. Viele, viele menschliche Geister und damit ganze Gesellschaften tragen diesen Schmerz in ihrem Geist und so wird er in die menschliche globale Realität gespiegelt. Um diese Probleme zu lösen, müssen sehr viel mehr menschliche Geister diese Wunden in sich heilen und gemeinsam an ihrer Lösung arbeiten. Erst dann wird die Heilung und der Zusammenschluss sichtbar werden. Allmacht liegt hier also in der Verbindung der einzelnen Teile. Genau deswegen ist es auch so wichtig, den alten Weg nicht nur als Weg der persönlichen Heilung zu betrachten, sondern auch der gesellschaftlichen.

2. Das perfekt Gute gibt es nicht

Viele wenden sich der Hexerei zu, weil sie hoffen, ihr Leben verbessern zu können. Wenn ich mir alles so zaubern kann, wie ich will, dann werde ich glücklich sein. Nie wieder Schmerz, nie wieder Trauer und Armut. Glück für immer und in jedem Lebensbereich. Das, was sich anhört wie der Himmel auf Erden, ist tatsächlich die Hölle auf Erden. Warum? Aus der Magie kennen wir die beiden Prinzipien von Aktiv und Passiv. Sie sind auch bekannt als Licht und Dunkelheit, oder – wie es von Außen scheinen mag – als Gut und Böse. Der gesamte Kosmos, das Eine Göttliche, besteht nur durch diese Polarität. Wenn du nun versuchst, beides voneinander zu trennen und ausschließlich in dem positiven Pol zu leben, kommst du am Ende am negativen Pol heraus. Ewiges Licht, ewige Freude, ewiges Glück sind am Ende nichts anderes als der ewige Tod. Denn hier findet keine Transformation und keine Weiterentwicklung statt. Es ist ewiger Stillstand. Das vollkommen Gute ist ein Paradoxon, denn es trägt das „Böse“ in sich. Das vollkommen Böse trägt das Gute in sich. Das bekannte Yin-Yang-Symbol aus dem chinesischen Daoismus verdeutlicht es schön. Daher wirst du auch als Hexe das „Böse“, sprich das Ungewollte erleben, selbst bzw. gerade wenn dein Leben scheinbar perfekt ist und sich alle deine Zauber erfüllt haben. Auch hier wirst du also Ohnmacht erfahren.

Das chinesische Yin-Yang-Symbol, Canva

Was ist nun also mit dem Anspruch der Gottgleichheit, der Fähigkeit zur Erschaffung der Realität? Doch nur Größenwahn? Nein, denn was mit dieser Gottgleichheit im Kern gemeint ist, ist nicht nur die Erschaffung der eigenen Realität, sondern vor allem die Fähigkeit, zu bestimmen, wie man auf diese reagiert. Die Welt um dich herum kann in Flammen aufgehen, doch nur du besitzt die Macht, deine Reaktion darauf zu wählen – und das macht dich zum allmächtigen Ich

4 Kommentare

  1. Wieder sehr schön geschrieben.

    Und ja, es gibt einige Personen, die schon krampfhaft an dem „Guten“ festhalten wollen. Paradebeispiel jene, die das “ Light and Love/ Licht und Liebe“ predigen und tunlichst darauf aus sind, alles scheinbar „Schlechte“ von sich selbst wegzuhalten. Und somit auch einige eigene Anteile.
    Deswegen lege ich inzwischen eine gewisse Skeptik an den Tag, wenn ich von einer Person diesen Ausdruck o.Ä. dauerhaft höre.

    Gott/ allmächtiges Ich über seine eigene Realität: ja.
    Leider gibt es auch hier wieder einige, deren Ego so zu Kopfe steigt, dass sie sich zu einer erheben wollen, außerhalb dieses Rahmens, obwohl sie von ihrer Seelenessenz her keine sind.
    Aber gut, die bekommen früher oder später die Quittung.

    Gefühlsmäßig trieft mein Kommentar nur so vom „Schlechten“ 😉

    Like

  2. Tja, vielleicht ist auch alles ganz ganz anders…? 🤔 Du scheinst anzunehmen, dass es (nur?) menschliche Geister gebe … ? Und weil du das annimmst, die Fähigkeit des Geistes des einzelnen Menschen und auch die vom „Geist“ erzeugten Konstrukte vielleicht auch überzubewerten … . Warum sollte ich im „negativen“ Pol landen, wenn ich für mich versuche, ausschließlich Glück, Liebe und Freude zu leben? Ohne dieses selbe Glück anderen zwangsweise „aufdrängen“ zu wollen? Warum bist du der Meinung, dass im Glück keine Weiterentwicklung möglich sei, sondern dass Glück „Stillstand“ bedeuten müsse? Weil du es bisher so erlebt hast? Weil man es dir so beigebracht hat? Ist genau das nicht eigentlich Stillstand, wenn man sich nicht mehr vorstellen kann / will, dass es auch ganz anders gehen / sein könnte?!

    Like

    • Nein, wenn du meine anderen Blogeinträge liest, siehst du, dass ich davon ausgehe, dass alles Geist besitzt. Aber hier im Artikel ging es um den Menschen. Und ausschließlich im Glück zu leben, würde bedeuten keine Herausforderung im Leben mehr zu haben und dadurch keine Weiterentwicklung zu erleben. Genau das ist Stillstand. Und wenn ich mir nicht vorstellen könnte, dass es auch anders geht, würde ich wohl meine Gedanken nicht zur Diskussion stellen. Mir geht es ja gerade darum, so etwas neu zu betrachten 🙂

      Like

      • Ich hatte deine anderen Blogeinträge tatsächlich nicht gelesen, und war deshalb vielleicht etwas vorschnell mit meiner Annahme „Du scheinst … „. Mir liegt viel an achtsamer Kommunikation. Deshalb mag ich solche Annahmen, die jemand anderem etwas unterstellen, ohne vorher genau hingeschaut haben, selber nicht. Entschuldigung!
        Was allerdings die Glücksfrage angeht, bleibe ich dabei, dass ICH sehr sehr gerne ausschließlich im Glück leben möchte. Wenn jemand anderem das zu wenig Herausforderung erscheint, werde ich ihn oder sie nicht hindern, für SICH selbst irgendwelche Herausforderungen zu erschaffen. Aber bitte stets so, dass es NIEMALS Menschen oder andere Wesen in Mitleidenschaft zieht. Denn diese sind vielleicht wie ich – und wünschen sich einfach nur pures Glück. Und aus meiner Sicht ist niemand berechtigt, ihnen das vorzuenthalten! Ob dazu Herausforderungen erforderlich sind, und was überhaupt eine Weiterentwicklung ist, ist sicher Ansichtssache. Denn ja, ich bin überzeugt, dass es auch anders geht. Herzlichen Gruß

        Like

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s